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25 Juli 2010

Küken Küken Küken Küken

Fromme Lügen


Wenn ich in den Urlaub fahre, bin ich vorher immer tierisch aufgeregt. Weil es sich anfühlt, als würde man diesmal wirklich alles hinter sich lassen und man irgendwo ein neues Leben anfangen. Ein Richtiges diesmal. Weil man nicht wirklich plant, keine Flugtickets kauft und keine Hotels bucht, sondern einfach blind mit dem Finger auf die (Deutsch-) Landkarte zeigt und den Zufall entscheiden lässt. Weil man weiß, man packt nur das Allernötigste ein und haut dann einfach ab. Vor lauter Ruhelosigkeit am letzten Arbeitstag vergess ich dann auch die Hälfte. Ich vergesse, dass ich an der Reihe bin mit der Sonnenscheinrunde und radel in letzter Minute zum Bäcker, um dort mitzunehmen, was der Laden hergibt. Ich habe keine Ahnung, was die Kollegen gerne essen und les‘ mir gehetzt durch, was im Angebot ist. Bestelle dann Pfannkuchen und Krakauer. Wunder mich, warum die Verkäuferin so langsam macht und bei jedem Pfannkuchen, den sie in die Tüte packt fragend nach oben guckt. Krakauer. Sagte ich das eben wirklich? Krakauer! Tatsächlich. Ich mein doch was anderes. Kameruner. So geht das dann den ganzen Tag weiter und der Chef schickt mich eine Stunde eher nach Hause, weil so richtig nichts mit mir anzufangen ist. Ich freu mich, lasse mir einen schönen Urlaub in Würzburg wünschen, weil da der Finger hingezeigt hat, und verabschiede mich von allen, als wäre es das letzte Mal, das wir uns sehen. Weil ich jetzt abtauche. In eine Welt wie in einer Schneekugel. Nicht weil es dort kalt ist und es silberne Glitzerfäden regnet, aber weil es dort friedlich ist und man abgeschottet ist. Allein quasi. Selbst die grauen Wolken bleiben draußen. Drücken sich nur wie Kindermünder von außen an die Scheiben. Der Weg dorthin ist auch nicht weit. Auch wenn ich an Würzburg vorbeifahre. Der Finger ist dick genug, um das Ziel weiter südlich zu interpretieren. Und außerdem, wenn ich nicht wieder zurückkomme, kann man mich lange suchen. Hier wird mich keiner finden. Zwischen Störchen und Pelikanen. Zwischen Wintergärten und 58 Stockwerken. Zwischen Schlössern und Bächen. Zwischen Mücken und Löchern.

Titel: Fromme Lügen
Autor: Irene Dische
Verlag: dtv
Preis: € 8,90

11 Juli 2010

Neues Baby

Zum Geburtstag für mich. Zum Geburtstag für mich. Zum Geburtstag, zum Geburtstag, zum Geburtstag für mich! Endlich ist er da. Der neue Blog, für die Fotos, die es hierher nicht geschafft haben und die auf der Festplatte nicht verstauben sollen! Und ich hoffe ihr habt genauso viel Spaß an ihm, wie ich!

04 Juli 2010

flutter by(e)

Der Schatten


Es ist dreiviertel acht. Abends. Also 15 Minuten vor um acht. Damit mich die Leute aus dem Westen auch verstehen. Es klingelt. Wider meinem Verstand öffne ich die Tür. Vor mir steht ein Wildfremder.
„Ey sag mal ist das mein Sonnenschirm da auf deinem Balkon?“
Wow. Irre sind die Leute nett. Ich bin mal gespannt, wie ich nachher die Tür wieder in die Angeln bekomme.
„Also ich rate jetzt mal ins Blaue. Sie sind der neue Nachbar?“
„Ja. Ist das nun mein Sonnenschirm?“
„Nein. Meiner. Schon immer gewesen.“
„Ja aber der sieht aus wie meiner. Der ist auch orange.“
Okay. Wir haben beide einen orangenen Sonnenschirm. Irre. Und das wo der kaum gekauft wird. Wer kann sich in der Gegend schon einen Schirm für Viereuroneunzig leisten?
„Gut. Und warum sollte Ihr Schirm dann auf meinem Balkon sein?“
„Na, ich hab meinen gestern verloren.“
„Verloren. Wie verliert man einen Sonnenschirm?“
„Na man, es war halt windig. Da is der runtergeflogen!“
Ach Gottchen, der Arme hat versucht zu entkommen. Und wie es ausschaut ist es ihm auch geglückt.
„Auf meinen Balkon?“
„Na kann doch sein, wohnst doch unter mir!“
„Wie auch immer, das ist meiner! Aber auf dem Hof lag gestern einer rum.“
„Na eben, deswegen frag ich doch, ob du meinen hast!“ Hhhhhhooooooaaaaaarrrgggggggcccchhhhhhhh….ich kann dieses leise Grollen im hinteren Gaumenbereich kaum zurückhalten.
„Ich wohn aber nicht auf dem Hof. Zum Ersten. Zum Zweiten, ich geh nicht auf dem Hof und sammel mir dort meine Einrichtung zusammen!“
„Ja aber du hast jetzt auch nen orangenen Sonnenschirm auf deinem Balkon!“
„Weil ich den gekauft habe. Und das mit Halterung. Oder ist die dir auch davon geflogen?“ „Wann wird jawohl noch fragen dürfen.“
Sagt er, dreht mir den Rücken zu und verschwindet. Der hat mich jetzt so geärgert, dass ich mal gucken muss, was der noch so auf seinem Balkon liegen hat. Das kauf ich dann aus purer Gehässigkeit Stück für Stück nach.

Titel: Der Schatten aus: Die Märchen Zweiter Band
Autor: HAns Christian Andersen
Verlag: insel taschenbuch
Preis: € 20,00