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31 Dezember 2011

Auf in ein neues Jahr!

Rückblick

2011

1. Zugenommen oder abgenommen?
Zugenommen, abgenommen, zugenommen, abgenommen, zugenommen, abgenommen, zugenommen…

2. Haare länger oder kürzer?
Kürzer- ich war beim Friseur!

3. Kurzsichtiger oder weitsichtiger?
Müsste weitsichtiger werden aber bis dahin isses n langer Weg

4. Mehr Kohle oder weniger?
Weniger definitiv, sehr viel weniger.

5. Mehr ausgegeben oder weniger?
Weniger, gezwungenermaßen.

6. Mehr bewegt oder weniger?
Sehr viel weniger, auch gezwungenermaßen.

7. Der hirnrissigste Plan?
Ich hab keine hirnrissigen Pläne.

8. Die gefährlichste Unternehmung?
Man mag es nicht glauben, aber spazieren gehen. Dabei können auch schlimme Dinge passieren. Zum Beispiel dass man ein halbes Jahr danach noch an Krücken geht.

9. Die teuerste Anschaffung?
Der Umzug war teuer genug.

10. Das leckerste Essen?
Vieles. Mit Sicherheit gehört dazu eine Kresse-Meerettich-Suppe und Grünspargelaksa.

11. Das beeindruckendste Buch?
Am meisten gefreut und für großartig befunden: Gut gegen Nordwind von Daniel Glattauer (Mein Bücherregal [und ich auch] bedankt sich bei dem Schenker!). Daneben fand ich „Ein fabelhafter Lügner“ von Susann Pásztor noch ziemlich gut und auch Animal Farm (ja sogar auf Englisch).

12. Der ergreifendste Film?
Inception. Vielleicht. Wenn ergreifend das passende Wort dafür ist.

13. Die beste CD?
Es gab nicht viele neue dieses Jahr. Aber am besten davon ist vielleicht, dass ich mich endlich mit den CDs von Rainald Grebe angefreundet hab. Und sogar drüber lachen kann.

14. Das schönste Konzert?
Ich war bei Rainald Grebe, Placebo, den Blond Redheads und 30 seconds to Mars. Sagen wir mal so: In der wobenden Masse bei Placebo, das ist großartig. Und einer von 20 Gästen bei den Blond Redheads zu sein, auch. Alles andere war okay.

15. Die meiste Zeit verbracht mit …?
Schlafen, Essen, Fotografieren, Warten, Bewerben, Hoffen und Bangen, Trübsal blasen.

16. Die schönste Zeit verbracht mit …?
Fotografieren. Immer noch. Immer wieder.

17. Vorherrschendes Gefühl 2010?
Ein Schwanken zwischen „Aus mir wird nie was“ und „Mir gehört die Welt!“

18. 2011 zum ersten Mal getan?
ein Kochbuch gekauft, Haare geglättet, mit der Idee gespielt mir ein Service zuzulegen, ein Kotzbecken gesehen, in einer Bushaltestelle geschlafen, eine Eule auf dem Arm gehalten , sowas wie einen Kometenhagel gesehen

19. 2010 nach langer Zeit wieder getan?
Bilder ausgestellt, umgezogen, Zwieback gegessen, einen Töpfermarkt besucht, selber getöpfert, mich operieren lassen

20. Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten können?
Sturz im März mit allen Folgen und ein dreieinhalb Stunden Bewerbungsgespräch

21. Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte?
Ich kann das. Oder wahlweise: Jeder kann die Welt retten.

22. Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat?
Aufstehen zum Sonnenaufgang.

23. Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
Spring doch mal. (Der ist im Nachhinein so witzig) (Man muss dabei gewesen sein)

24. Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?
Ich kann keine schönen Sätze sagen.

25. 2010 war mit einem Wort …?
NervenaufreibendfüralleBeteiligten

12 Dezember 2011

silence

09 Dezember 2011

Der Freund und der Fremde

Mir wird immer mal wieder hinterher gesagt, ich sei sozial nicht besonders aktiv, ich würde Menschen aus dem Weg gehen, wo es nur geht und könnte ich es nicht vermeiden, würde ich mich nicht von der Schokoladenseite präsentieren. Absichtlich. In den letzten Wochen habe ich daher mal etwas anderes ausprobiert. Ich habe Menschen getroffen. Viele und mir bis dahin völlig unbekannte Menschen. Große, kleine, junge, alte, hübsche, ja auch hässliche, ganz besonders kluge und eher normal intelligente, gelangweilte, frustrierte, euphorische, erfolgreiche und zufriedene Menschen. Bemerkenswert waren dabei zwei Treffen: eines mit einer Truppe Fotografen (und mir), ein anderes mit einer Gruppe Juristen (und solchen, die es mal werden wollen). Das möchte ich gern vergleichend nebeneinanderstellen.
Bei einem Treffen mit völlig fremden fotobegeisterten Leuten ist es rundweg normal, das man sich duzt und zur Begrüßung erstmal feste umarmt. Man redet sich mit lustigen Kosenamen an, die man nicht nur sich selbst, sondern auch seinen Kameras gegeben hat. So ist es eigentlich ein Treffen zwischen den Fotografen: Time, Secret, rollendes Auge, Particula, Froillein, Seleneos und Violess sowie den Kameras: Sonny, Cher, Holger, Spinner, Eva und Minotaurus. Two-face konnte ich noch nicht mitbringen, da dieser noch im Schaufenster steht, aber das nächste Mal ist er dabei.
Bei Juristen ist das anders. Da braucht man erstmal drei Tage Vorlauf, um herauszubekommen, wer geduzt und wer gesiezt werden möchte, was nebenbei bemerkt unheimlich schwierig ist, wenn man die Jüngste in der Runde ist und damit nicht das Recht hat mit dem Duzen anzufangen und wer auf seinen Titel besteht. Manche weisen einen dezent mit einem„..und Sie sind noch mal?“ darauf hin, andere schreiben ganz Kerzengeradeaus, das sie auf das Honorativum bestehen. Nachdem man nachgeschlagen hat, was einem damit gesagt sein soll, ist man bei den nächsten Anreden ganz vorsichtig, siezt und bekommt dennoch einen Anpfiff weg, weil man sich ja anscheinend für was Besseres hält. Die persönliche Begrüßung vor Ort: ein förmliches Händeschütteln. Man redet sich mit „Herr“ und „Frau“ an und wird als Dame bezeichnet.
Mit den Fotografen geht man in ein wundervolles Lokal voller einzelner Stühle, Kinder mit Strickpullis und Eltern mit Zahnlücken. Voller schiefer und gerissener Kacheln an den Wänden, die sofort aufgenommen gehören und zwei Wochen später als Kunst käuflich zu erwerben sind. Voller Flyer, Postkarten und Kunst. Ohne Tapete, Tageskarte und Tischdecken. Ohne zweites Besteck, Gardinen und Servietten.
Mit den Juristen geht man zum besten Italiener. Nicht wieder den vom letzten Mal, denn der war unzumutbar. Allein wenn man das Haus betreten hat, mussten einem sofort die schlecht verlegten Teppichleisten ins Auge springen. Die Weinkarte darüber hinaus war desaströs. Und über die Küche den Mantel des Schweigens zu hüllen, war schon des Lob zu viel. Deswegen dieses Mal ein Anderes. Ein Besseres. Mit reservierten Tischen, da man sonst keinen Platz bekommt. Mit frischen Blumen auf den Tischdecken und schweren roten Vorhängen vor den Fenstern. Mit klassischer Musik zur Untermalung. Mit silbernem Besteck. Und Ledersesseln. Und Glastüren. Und einer großen Auswahl an nicht vegetarischen Gerichten. Hier isst man Vorspeisen. Variationen einer Vorspeise heißt das. Luftgetrocknetes Rinderfilet und Parmaschinken. Kalbfleisch und Thunfischcreme. Dazu den besten Rotwein. Und leider zu wenig Brot. Unmöglich, so wenig Brot anzubieten. Zum Hauptmenü gibt es frisches Lamm, Involtini alla genovese oder Scaloppine al vino bianco. Da man sich sonst nichts gönnt, gibt es auch eine Nachspeise. Die Portionen sind ja immer so klein in so edlen Restaurants. Da muss eine Portion Tiramisu hinterher. Und ein doppelter Espresso, ach was sag ich, ein dreifacher. Und damit der Abend noch lustiger wird: ein Gin Tonic.
Mit den Fotografen isst man, was gerade da ist. Rührei. Dazu ein Kaffee und ein Traubensaft. Wer dann noch Hunger hat, der teilt sich nachher eine Donauwelle, die man sich irgendwo auf der Straße besorgt. Aber zum Essen hat man sich ja auch nicht getroffen. Man will quatschen, quasseln, faseln, geigeln, schwafeln, knipsen, lästern, anmerken, helfen, bewerten, belohnen, übereinander stolpern, Zeit in die Länge ziehen und dann gemeinsam totschlagen, lachen, toben, staunen, sich nicht vergessen, Wellen schlagen, verlaufen und nicht wieder raus finden, rote Fäden stricken, über den Tellerrand und den großen Teich gucken und ganz bestimmt wieder sehen.
Juristen reden. Nein nicht einmal das. Sie diskutieren. Über den konkreten Zeitpunkt der Übereignung einer Serviette zum Beispiel. Über den witzigen Versuch eine Kondiktion zu kondizieren. Das muss man sich mal vorstellen. Über die Frage, ob es ein Treu und Glauben auch im Case Law gibt. Und wenn ja, warum das so ist. Oder warum nicht. Über Haakjöringsköd, invitatios, actio libera in causas. Und Eigentum, meins und deins. Und darüber, dass man ziemlich Avantgarde ist. Ungewollt natürlich, aber was kann man dagegen schon tun. Damit ist man gebeutelt. Ein Leben lang. Ein Kreuz, das man zu tragen hat.
Nach dem Essen gehen fotografierende Leute raus. Bei Wind und Wetter. Stolpern über Männer in Schlafsäcken, nehmen ein Bußgeld von 4000 € in Kauf beim Füttern von Möwen (man kann sich ja reinteilen), fragen Darth Vader wies mit den Eroberungszügen so aussieht und laufen ein Stück mit ihm, schauen sich Pampers Babys an, taumeln über die Kirmes und übergeben sich gemeinsam beim „bloß dran denken, man müsste da jetzt rauf“, wischen Rasierschaum von Wänden, fahren schwarz, kaufen ein A.
Was Juristen nach dem Essen machen, kann ich leider nicht beantworten. Um das rauszufinden, hätte ich bleiben müssen. Aber ich hatte die Ausrede schon ausgepackt. Nicht langsam wie man das zu Weihnachten macht, sondern hektisch aufgerissen. Mitten im heiteren Gespräch über Erlaubnistatumstandsirrtümer (meine Güte, mein Word kennt dieses Wortungetüm sogar) ist mir eingefallen, dass ich meinen Zug bekommen muss. Der Letzte heute Abend. Ja leider. Aber das nächste Mal. Ganz sicher. Bestimmt.
Nach dem einen Treffen habe ich den Ruf verrückt, nach dem anderen Treffen, den Ruf militant zu sein. Ich weiß jetzt, was ich werden will, wenn ich mal groß bin. Verrückt.

Der Titel ist geborgt bei Uwe Timm

05 Dezember 2011

frühmorgendliches Bling Bling

03 Dezember 2011

Der graue Alltag der Revolution

Mein Telefon blinkt. Schon wieder. Mittlerweile bin ich daran gewohnt. Es löst keine Schweißausbrüche mehr aus. Langsam bekomme ich Routine. Ich halte achtundvierzig Minuten lange Gespräche mit Kollegen aus, die ich noch nicht mal kenne und habe gelernt viele Gedanken die ich dabei habe („Man, wie oft willst du das noch wiederholen?“, „Boah, is jetzt nicht dein Ernst, dass du mir erzählst, du seist unheimlich klug, denkst aber Erfurt läge in Sachsen Anhalt- hast du sie noch alle?“, „Echt, halt jetzt die Klappe, leg auf, geh weg, ich mag nicht mehr!“) bei mir zu behalten und dabei freundlich „Aha“ zu sagen und nebenbei meine E-Mails zu checken. Alles ganz easy jetzt. Auf Durchzug schalten muss gelernt werden, geht aber einfacher als man denkt. Also befürchte ich eigentlich nichts, wenn das Telefon blinkt. Im Gegenteil. Der Anruf jetzt, der kommt aus der Heimat. Da kann nichts passieren. Da wohnen nur gute Menschen. Bis auf zwei. So groß ist die Problemzone Ost eigentlich gar nicht. Aber, die Begrüßung von der fremden Stimme erfolgt dennoch recht kühl:
„Sagen Sie mal, wie siehts denn aus? Bezahlen Sie auch mal ihre Rechnungen?“
Die Frau ist aus allen Wolken auf mich drauf gefallen. Ich bin kurz platt wie eine Briefmarke. Muss mich sammeln. Die E-Mails beiseitelegen und mich konzentrieren.
„Schönen guten Morgen, mit wem spreche ich denn bitte?“
„Mit ihrer Buchhandlung!“
„Aha. Und bei Ihnen werden nicht alle Rechnungen beglichen?“
„Ja, und zwar von Ihnen!“
„Tatsächlich? Von mir? Was sollte ich denn bezahlen?“
„Na die Bücher, die wir an Sie geschickt haben. Das waren in den letzten drei Monaten zwei Stück.“
„Aha. Ich hab hier zwei Lieferungen von Ihnen, die sind allerdings seit (ich bin wieder in der Lage nebenbei im Internet zu surfen und schaue meine Konotbewegungen nach) – hier haben wir es – vier Wochen und drei Tagen bezahlt. Ich schulde Ihnen nichts.“
„Doch doch doch. Und ob sie das tun. Von den zwei Lieferungen rede ich nicht. Da sind die Zahlungen eingegangen. Vielmehr von den anderen zweien.“
„Welche anderen „zweien“?“
„Na denen von denen in den letzten drei Monaten!“
„Für sie gern noch mal. Die Zwei sind beglichen!“
„Nein.“
„Doch!“
„Nein.“
„Doch.“
Das zieht sich jetzt ein paar Minuten hin. Dann denk ich mir aber, es wär mal an der Zeit zu zeigen, dass ich noch mehr Wörter kann.
„Anders gefragt- wie lang bin ich bei Ihnen Kundin?“
„Seit acht Jahren!“
„Aha. Und in der Zeit hab ich wie viele Rechnungen offen gelassen?“
„Ganz klar- zwei. Die von den letzten drei Monaten!“
„Jetzt hören Sie doch mal damit auf und bleiben ernsthaft. Außer diesen angeblichen zwei Lieferungen also keine in den letzten acht Jahren. Ich finde das spricht schon sehr für mich!“ „Nein, die Letzten wurden nicht bezahlt!“ Sie nennt mir sicherheitshalber die Sendungen, um die es geht.
„Gute Frau, dass, was sie mir da nennen ist, bei mir nie angekommen!“
„Na und? Zurück zu uns ist es auch nicht gekommen! Also bezahlen sie bitte die Rechnungen!“ „Ähm, wenn die Lieferung nicht bei mir ist, dann auch nicht die dazu gehörige Rechnung. Das ist nachvollziehbar, oder?“
„Mir egal, bezahlen Sie die Rechnungen. Und die Mahngebühren. Sie halten es ja nicht mal für nötig auf Mahnungen zu reagieren. Also kommt dass natürlich noch dazu.“
„Okay gute Frau. Wissen sie, was sie mir das geschickt haben?“
„Gesetzbücher.“
„Aha. Worauf könnte das wohl schließen? … Richtig. Sie können mich hier nicht verarschen!“
„Na aber die Rechnungen, die sind nicht beglichen.“
„Mir doch Hupe. Ich bin doch nicht da um ihre mangelnde Buchhaltungsleistung auszugleichen.“ Tut … da hat sie einfach aufgelegt. So was. Ich bin doch nicht etwa zu weit gegangen. Dabei war ich doch noch sachte. Da wär noch was drin gewesen. Zu viele haben in den letzten Wochen gedacht, die können mich veralbern: Zum Beispiel der potenzielle Arbeitgeber, der mich wegen zu schlechter wissenschaftlichen Leistungen abwürgt mit „sie haben ja noch nicht mal nen VB“. Und den hab ich ja wohl doch. Das hab ich ihn dann auch an den Kopf geworfen. Mit dem Hinweis, man möge bitte zeitgleich auch beachten, dass ich nicht im Wünsch-dir-was-Land Hessen oder Kauf-dir-ein-Exmanen-Land Hamburg studiert habe. Oder mein Telefonanbieter, der mir mal völlig ohne Berechnungsgrundlage 70 € auf die Rechnung schlägt. Die ich nach einer Kündigung mit Pauken und Trompeten zurückhabe. Oder … Das Telefon klingelt erneut. Nummer aus der Heimat. Erneut.
„Was denn noch?“
„Ja also wir haben uns jetzt entschieden, wir schicken Ihnen das noch mal zu!“
„Ach was?“
„Ja also aber ich möchte auch betonen, dass das eine reine Kulanz von uns ist. Also das wir Ihnen die Ware noch mal schicken. Immerhin können Sie nicht nachweisen, dass die Ware nicht bei Ihnen angekommen ist. Das müssen Sie ja auch mal beachten!“
„Ich muss bitte was? Ich glaub hier platzt gleich der Mond! Das ist Kulanz? Das nennen sie Kulanz, dass ich nur die Dinge bezahlen muss, die ich auch erhalte? Schon mal was von Schickschuld gehört? Von Gefahrtragung? Von unbestellt zugesendeten Waren? Von unlauteren Wettbewerb? Von Verbraucherschutz? Vom Gesetz so im Allgemeinen?“
Tut tut tut. Tut tut tut. Wieder aufgelegt.

Der Titel ist gemopst bei Horst Evers