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25 November 2009

I wanna see another dawn

Scheintot

Musik ist wie eine Therapie. Jeder hat seine Eigene, speziell für ihn Zusammengestellte. Akribisch ausgewählt von demjenigen, der einen am besten kennt. Und das ist gut. So bekommt man den Hintern hoch und nimmt sich die Möglichkeit wenigstens für ein Wochenende, einen Tag, eine Stunde aus der Realität zu entkommen. Man gönnt sich selbst ein bisschen Freiheit, ohne Rücksicht auf Möglichkeiten. Fühlt sich wie Feuer, das unkontrolliert wütet und genährt wird von Fingern an Bässen, Mündern an Mikrofonen und Füßen in Bewegung. Fühlt sich wie Erde, für immer hier und jetzt. Fühlt sich wie Wasser, eins mit der Menge, die ihren Weg findet, egal welchen sie einschlägt. Stetig in Bewegung. Ohne Grenzen. Fühlt sich wie der Wind, leicht aber mit gewaltiger Kraft und kann sich so durch die fremde Stadt wälzen, vorbei an den Ritzen der Wirklichkeit, um am anderen Ende einer unbekannten Straße zum Ruhen zu kommen. Man merkt, dass man lebt und nicht nur funktioniert. In diesem Sinne-packt die Hände aus den Taschen und statt dessen die Ohropax hinein. Denn nicht nur ein Herz das schmerzt lebt, Gleiches gilt auch für die Ohren.

Titel: Scheintot
Autor: Tess Gerritsen
Verlag: blanvalet
Preis: € 8,95

24 November 2009

Nerven enden.



Gomorrha

Fehler werden einem, glaub ich, sein ganzes Leben lang nachgetragen. Angefangen bei der Mutti, die sich heute noch in regelmäßigen Abständen dafür schämt, dass man im zarten Alter von 4 Jahren fremde Frauen auf ihre zu große Oberweite hingewiesen hat, bis hin zu der Tatsache, dass man immer die Zahnpastatube offen liegen lässt. Das hat aber dann ein Gutes, wenn man dadurch lernt, sich selbst immer und immer und immer wieder auf seine eigenen Fehler hinzuweisen. Bei mir ist das insoweit nötig, als das ich mir ständig klar machen muss: „Achtung!Mit eigener Dummheit(=Fehler)/Ungeschicktheit(=Fehler)/Offenheit(=situationsbedingter Fehler) rechnen!“ Deswegen steht das jetzt auch auf einem neongelben Post-it der auf meinem Neocortex klebt. Damit ich ihn nicht vergesse. Wenn ich jetzt also einen Wasserkocher sehe, meldet der sich direkt mit der Nachricht: “Vorsicht! Wasser ist heiß, wenn’s rote Lämpchen gerade ausgegangen ist! NICHT ÜBER HÄNDE KIPPEN! Besonders nicht über EIGENE!“ Kluges System! Verhindert, dass ich wieder für zwei Wochen ohne Haut an den Händen durch die Straßen laufen muss. Ohne Verbände versteht sich, weil die sind ja was für Mädchen. Bei mir hingegen soll jeder sehen, dass mir das nichts ausmacht. Das System verhindert auch, dass ich erneut ohne Wimpern, Augenbrauen und Damenbart bin. Weil, jetzt bekomm ich die Meldung „Heißes Öl und brennendes Gas - dat passt nicht!“ Ganz und gar nicht nämlich. Eher ein Hölleninferno, was dann auf einen zukommt. Und wenn ich mich an das System halte, steigt die Zahl derer, die sich beim Essen nicht mehr mit mir in der Öffentlichkeit zeigen vielleicht auch nicht mehr stetig. Denn wenn ich mich dran halte, vielleicht benehme ich mich dann irgendwann nicht mehr wie eine Fünfjährige ohne Koordinationsfähigkeit. Denn das schaff ich momentan immer wieder. Statt meine Pizza zu schneiden, landet meine Gabel zwei Meter weiter auf des Tischnachbars Teller. Statt das Wasser zu trinken, was ich mir bestellt hab, werfe ich es dergestalt auf meinem Teller, dass sich auf diesem nur noch das Wasser mit drei Nudel und Scherben befindet und dass, was auf dem Teller sein sollte, sich in einer roten Pfütze auf meiner Hose ergießt. Das ist bisher also noch meine größte Schwäche. Aber ich gebe mir Mühe. Ich bin schon soweit gekommen, bevor ich eine Pizza aus dem Ofen hole, zu überlegen, ob sie nicht vielleicht heiß sein kann, damit ich mich nicht wieder erschrecke und diese an die Wand haue. Die Flecken gehen nämlich nicht so leicht weg. Lassen sich eigentlich nur übermalern. Mit dicken Schichten Farbe, über die sich der Vermieter dann beim Auszug wundert.
Worauf ich aber hinauswollte ist, dass selbst wenn man nicht durch andere oder sich selbst an seine Fehler erinnert wird, diese nicht in Vergessenheit geraten. Vielmehr kommt es erst Recht dann dicke. Dafür sorgt Kommissar Zufall. Der dich dann nicht auf die sanfte Tour, sondern eher mit dem Vorschlaghammer darauf hinweist, dass da mal was war. Und dann sitzt er neben dir. Dein dicker Fehler. Und er schimpft und meckert und flucht, weil man ihn vergessen hat. Er ist gekränkt. Und man kann es ihm nicht verübeln, hat man sich doch solch eine Mühe gegeben, sich nicht mehr an ihn zu erinnern. Trösten will man ihn dennoch nicht. Das soll dann doch eine andere übernehmen. Dann kann er in zehn Jahren bei ihr sitzen und jammern, dass sie ihn vergessen hat. Eigentlich traurig, wenn man so ein kleiner Fehler ist.

Titel: Gomorrha- Reise in das Reich der Camorra
Autor: Roberto Saviano
Verlag: dtv
Preis: € 9,90

19 November 2009

tütelü...



Nachsendung

Heut schimpf ich nicht über die Post. Heut hab ich nur gutes zu sagen. Normalerweise nöl ich ja nur, denn wenn woanders Arbeit gespart wird, heißt das, die bleibt an mir hängen. Aber diesmal nützt mir die Faulheit der anderen tatsächlich. Denn die Post hat mir den Brief mit den vielen, vielen Briefmarken tatsächlich zugeschickt. Und nicht nur das. Nein. Sie hat nicht eine einzige Briefmarke abgestempelt. Also, neue Adresse draufkleben, wiederverwenden und Geld sparen! Wunderbar. Das gleiche wird dann noch mit nem kleinen Brief probiert. Ich will ja keinen anstiften, aber rein theoretisch müsste das ja klappen…