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28 Februar 2012

don´t think they are scary

27 Februar 2012

Nie wieder

„Ähm, könnten Sie bitte Ihren Hund aus meinem Gesicht nehmen?“ „Aber der ist doch total niedlich. Guck mal, ein Welpe!“ „Mag sein, aber ich habs nicht so mit Hunden in meinem Gesicht.“ „Ja aber der ist niedlich und noch so klein. Frauen stehen doch auf kleine Hunde. Und das ist einer. Und der ist klein. Und der hat Hunger. Hast du Geld? Willst du mir nicht welches geben. Damit ich ihm was zu essen kaufen kann?“ „Äh, zum einem ist der Hund immer noch in meinem Gesicht und zum anderem: Nein!“ „Warum nicht? Du hast bestimmt Geld dabei. Der Hund hat Hunger. Los, kauf dem was!“
Schön. Ich stehe an der Straßenbahnhaltestelle und warte auf meine Bahn. Warum ich nicht im Bahnhof stehe und auf meinen Zug warte, kann ich in diesem Moment nicht mehr verstehen. Die Bahn kommt erst in vier Minuten. Vier lange Minuten mit einem Hund im Gesicht und einem viel zu großen Mann vor mir, der es nicht einsieht, den da weg zu nehmen. Herrlich. Das hab ich jetzt also davon. Davon dass ich auf meine zwei Freunde gehört habe. Die die immer zu mir gesagt haben, ich wäre zu verschlossen. Zu grimmig. Zu unsozial. Man würde sich gar nicht an mich ran trauen. Das soll sogar so weit geführt haben, dass einer der beiden fast zwei Jahre gebraucht hat, um mich anzusprechen. Um dann mit einem „Was willst du Vogel denn von mir!?“ abgefertigt zu werden. Ich gebe zu, besonders nett mag das nicht gewesen sein. Aber ich habe mir auch viel erspart. Damals hatte ich keine Hunde im Gesicht. Und überhaupt steh ich hier nur und warte auf die Bahn, weil ich mich hab breitschlagen lassen. Zu einem „Komm, lass uns doch mal gemeinsam was trinken gehen“. Das war ja auch im ersten Moment ziemlich niedlich, das von den eigenen Schützlingen gefragt zu werden. Aber ich habe die Folgen nicht bedacht. Folge Nummer eins: Ich werde jetzt für einen Freund gehalten. Folge Nummer zwei: Ich fühle mich furchtbar alt. Denn das Treffen lief so ab, dass ich in einer megahippen Cocktailkneipe zwischen einem Haufen 18-Jähriger lande. Ich muss also registrieren, dass Cocktails wieder in sind, ich aber keine Ahnung davon habe. Den letzten Cocktail habe ich, selber 18 Jahre alt, in Köln getrunken ohne das ich jetzt noch wüsste was das war. Mein Blick schweift über die 8-Seiten lange Karte und bleibt nach zehn Minuten doch bei dem hängen was ich kenne. Beck‘s. Auf dem Tisch stehen nachher also ein Beck‘s und zehn bunte Cocktails mit glitzernden Schirmchen und in Formen ausgeschnittenen Obstscheiben. Ich werde komisch angeguckt und dann kleinlaut nach meinem Alter gefragt. Anscheinend ist Bier trinken heute eher asozial oder alt. Besser wird es nicht, als man mir sagt, ich könne mich doch noch als jung einschätzen, nachdem die Generation Smartphone mein Alter gegoogelt hatte. Ich hätte doch ein Glas Wein nehmen sollen. Mist. Aber am Bier kann man sich gut festhalten. Was im Laufe des Abends nötig ist. Denn mit den meisten Themen kann ich noch nichts oder nichts mehr anfangen. Nein, mein erstes Auto hatte ich im Gegensatz zu euch allen noch nicht. Natürlich weiß ich, dass ihr alle mal euren Doktor macht. Ohne ist man ja heute nichts mehr. Und ach ja, natürlich habt ihr Recht. Meine Heimat ist ein furchtbares Nest, in dem man sich vor Rechtsradikalen nicht retten kann. Natürlich, ist es prima, dass ihr, endlich volljährig, euch mal so richtig volllaufen lassen könnt. Macht es doch am besten gleich vor mir. Und erzählt mir dann ganz peinliche Sachen,die ich besser nicht wissen sollte. Natürlich. Ach schade, mein Bier ist alle. Ich muss mich aus dem Staub machen. Besser jetzt als später. Das wird mir sonst zu peinlich hier. Zurück zur Bahnhaltestelle, zum Zug, zu meinem Fahrrad, nach Hause. Und da der Abends so schon so schön war, gibt es noch ein Schmankerl oben drauf. Denn nachts halb zwölf sind so einige Gestalten unterwegs in der Großstadt. Und der eine hält einem wieder Hunde ins Gesicht, um Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, andere spucken einen einfach gelassen an. Mitten auf die neuen Schuhe, als wäre es das Normalste auf der Welt und ein ganz schlichtes Recht. Und wenn ich den jetzt anhalloe und ihn darauf aufmerksam mache, dass er mich getroffen hat, zieht er gleich nochmal eine ganze Ladung die Nase hoch. Nö. Ehrlich, das war einfacher, als ich noch nicht nett war.

Der Titel ist gemopst bei Michael Ende