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05 September 2008

"Der letzte Tag eines Verurteilten"

Man bereitet sich vor. 547 Tage. 13140 Stunden. 788400 Sekunden. Um am Ende hier zu sitzen, im größten Hörsaal, mit dem uns die Universität aufwarten kann. Zusammen mit der Schicksalsgemeinschaft für sechs Tage. Wie ein Huhn im Käfig zur Vorbereitung auf die Freilandhaltung. Die Uhr, die zeitweise funktioniert, tickt unerbitterlich gegen uns und die immer wieder auftretenden Sehnenscheidenentzündungen. Denn wer nicht punktgleich mit dem Umschlagen des Minutenzeigers auf die Zwölf und des Stundenzeigers auf die Zwei fertig wird, dem blüht hier ein Donnerwetter der Aufsicht, die sich grollend auf alles zu bewegt, was sich dann noch bewegt. Das bunte Papier, braun, rot, gelb, grün, braun, grau, täuscht die Leichtigkeit des Verfahrens vor. Und auch die tägliche Sitzplatzsuche, 48, 43, 19, macht nach zwei Tagen keinen Spaß mehr. Was ich ebenso von Prüfungsnummer-, Personalausweis- und Gesetzestextkontrollen sagen kann, wie auch vom Anstehen an der Toilette. Die Chinesen würden sich jetzt vielleicht freuen- ich nicht. Ich bin genervt vom Vordermann, der sein nervös zuckendes Bein nicht unter Kontrolle bekommt und somit meinen 30cm x 30cm Schreibplatz zum erzittern bringt. Der Korrektor wird sich freuen. Ich bin genervt vom Handyklingeln, das trotz strenger Belehrung niemanden zu interessieren scheint. Ich bin genervt, weil ich schwimmen muss. Am meisten aber davon, dass ich jetzt sechs Monate genervt sein muss, um dann erst zu erfahren, ob sich der Spaß gelohnt hat.

6-5-4-3-2-1- Aus!


Titel: Der letzte Tag eines Verurteilten

Autor: Victor Hugo

Verlag: anaconda

Preis: 2,95 €

1 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

*looool*
Haste sehr gut geschrieben! Ich glaub, wenn das jemand liest, der denkt, dass du übertreibst, dabei war es die bittere Wahrheit!

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