Search

Pages

23 Mai 2011

Zettelkasten


Es waren einmal ein Staatsexamen, ein Diplom und noch ein Staatsexamen. Ein Staatsexamen kam auf einer hölzernen Bühne zu mir, ein Diplom per Post und noch ein Staatsexamen per feuchtem Händedruck. Ganz unspektakulär am Ende alles irgendwie.
Das Ende begann mit einer achtstündigen mündlichen Prüfung, die sich gewaschen hatte. Ankommen, halbe Stunde warten, Vorstellungsgespräch vor der vierköpfigen Kommission, Stunde warten, Zermürbung, Akte bekommen, lesen, Vortrag draus basteln, in zehn Minuten der Kommission vortragen, dann gleich weiter, NPD, Sparkassengesetz, Anstalten, Stiftungen, zehn Minuten Pause, Sicherungsverwahrung, Arrest, Definitionen, Definitionen, Definitionen. Um 14 Uhr Mittag und eine Käsebemme. Lachen vom Prüfertisch. Dann weiter, Vergleiche, Unterhaltsforderungen, Kostenfestsetzungsbeschlüsse, Zwischenurteile, Aufrechnungen, Domainnamen, Wettbewerbsrecht, Interpretationen und ein Großes Bla bla bla. Zehn Minuten warten und dann Glückwünsche und vier feuchte Händedrucke. Wobei die Prüfung an und für sich schon sehr lustig war. Die Panik zwei Wochen vorher (Jetzt fang endlich an zu lernen, los mach was, mach was, mach was!) war das eigentlich Schlimme. In der Prüfung saß man dann völlig übermüdet mit einer „mir-doch-egal“-Stimmung, die schon sehr geholfen hat, Prüfer zu überstehen die kreativ zwanzig Minuten über A4-Blätter kommuniziert haben, die Wissenslücken offengelegt haben, als man die konkrete Größe des Bodensees nicht parat hatte, die meinten ein Anstarren von zehn Minuten würde helfen die unangenehme Stimmung zu überbrücken und die dann gar keinen Spaß verstanden haben, als man das Ganze in die Hand genommen hat und mal eben selber den Prüfungsablauf bestimmt hat. Führungspersönlichkeit wird erst nach der Prüfung verlangt, aber bitte noch nicht hier.
Das Ende endete mit geschwungener Rede von wegen Huiuiui jetzt geht´s aber erst richtig los. Und huiuiui jetzt wird zwar erstmal zehn Minuten mit Sekt drauf angestoßen. Und Huiuiui, vergesst mir nicht Mensch zu bleiben. Und huiuiui (Lebensweisheit) huiuiui (Lebensweisheit) huiuiui (Lebensweisheit). Und Huiuiui, es gibt hier sogar Plätze, Sitzplätze und Rangplätze. Und Huiuiui Gesang, natürlich haben wir auch Gesang. Lobgesang. Auf uns. Halleluja.
Och nö. Irgendwie is das nüscht für mich. Die Stöckelschuhe drücken. Ich muss hier weg. Turnschuhe anziehen. Examina zum Diplom in der Schreibtischschublade verschwinden lassen. Das lag da auch schon zwei Jahre rum, und hat keinen so wirklich interessiert. Am Wenigsten mich. Das wärs ja noch, wenn ich mich am Ende über ein im Regenwald abgeholztes Stück Papier definiere. Dann lieber über die neue Ausstellung, die grad am Laufen ist. Oder über das fremde Buch und die fremde französische CD, dessen Cover meine Bilder jetzt zieren. Oder über das eigene Buch, das grad dran ist, Gestalt anzunehmen. Da hat man wenigstens was für gemacht.

Titel ist geborgt bei Michael Ende

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Aber trotzdem gratuliere ich zum Examen =)

seleneos hat gesagt…

Vielen Dank- ein bisschen freut man sich ja doch auch drüber. ;)

Kommentar veröffentlichen