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17 Februar 2010

Die Therapie


Ab heute wird gefastet. 40 Tage bis Ostern. Und während andere auf Kaffee, Alkohol oder Zigaretten verzichten, sind es bei mir Kekse und Schokolade, die gnadenlos vom Speiseplan gestrichen werden. Kein Nutella am Morgen und kein Knoppers zwischendurch. Cola Light is noch erlaubt. Und damit es mir nicht so schwer fällt, macht mein gesamtes Umfeld mit. Hab ich das Gefühl. Also nicht, dass sich noch jemand Süßes verbieten würde, das hab ich jetzt noch nicht gehört. Aber jeder halt das, was er kann. Die Deutsche Bahn verzichtet auf Züge, die sie einsetzen könnte. Die Nachbarn auf Mülltrennung, den Elstern zugute. Die Kollegen auf ihr Rückgrat, dem Chef zuliebe. Der Chef auf Mitgefühl, den Opfern gegenüber. Sekretärinnen auf Freundlichkeit, dem Parmesan zum Gruße. Und so trägt jeder seinen Teil bei. Naja..ihr habts gemerkt. Ich meins nich so. Kann ja jeder begehen, wie er will. Aber richtig bunt wird’s, wenn man sich in einer Hauptstadt, ja fast einer kleinen Großstadt befindet und dort die gelobte deutsche Pünktlichkeit völlig auf die Zeit verzichtet. Sprich: macht, was sie will. Und das gerade dann, wenn man es am wenigsten gebrauchen kann. Wenn man Besuch zu Hause hat, der drauf angewiesen ist seinen Zug nach Hause zu bekommen und man sich selbst dies auch wünscht. Denn man möchte ins Bett, da der Magen heut drauf verzichtet Bakterien zu vernichten. Und dann rennt der Besuch zum zwei Minuten entfernten Bus, um festzustellen, dass ab heut ein anderer Fahrplan gilt. Ohne Vorankündigung. Keine Fahrt mehr. Der Besuch muss völlig demotiviert zu einem zurücktrotten. Man selbst atmet insofern auf, dass man den rosa Kuschelpyjama noch nicht anhat und so ohne Rot zu werden die Tür öffnen kann. Man studiert infolge dessen gemeinsam die Fahrpläne, soweit im Internet abrufbar. Die Internetseite hält im Gegensatz zur Pünktlichkeit viel von Zeit und nimmt sie sich auch. Es wird knapp. Man überlegt, ob die Zeit noch reicht, um zur 15 Minuten entfernten Straßenbahn zu laufen/eilen/rasen. Und versuchts. Und tatsächlich. Grundsätzlich würde man die Bahn noch bekommen. Nur eben heute nicht. Ein Falschparker, der heut auf Straßenverkehrsregel verzichtet, versperrt den Weg. Und während man das selbst in der nebenbei geführten Telefonkonferenz hört, macht man schon mal die andere Wärmflasche fertig, legt sie ins Bett und deckt den Frühstückstisch wider Erwarten doch für zwei. Gäbe es da nicht den „Dienstfahrer“, der Mitleid hat und die Türen der sonst leeren Bahn öffnet. Und sie mitnimmt, meine Gute, damit sie in einem der wenigen Züge der Deutschen Bahn, die auf den Gleisen noch zu finden ist, nach Hause kommen kann.

Titel: Die Therapie
Autor: Sebastian Fitzek


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ein kleiner Nachtrag:
Man lernt nicht aus. Während man sich nun nach den geschilderten Unannehmlichkeiten eines besseren belehren lässt und an den Fahrplan hält, stellt man fest, dass die Planung der örtlichen Verkehrsbetriebe äußerst unverständlich ist. Die Nachtlinie fährt nun also über das Zentrum des Ortes; an sich vollkommen verständlich. Unverständlich ist lediglich, dass es sich dabei nicht um ein ledigliches Abfahren der Haltestelle handelt, sondern um ein einfaches Warten von 5 Minuten am Markt. In dieser Zeit kann man sich überlegen, ob man nicht selbst zur nächsten Haltestelle läuft oder lieber den teuer bezahlten Sitzplatz behält. Gut, lieber warten. Weil man scheinbar doch nicht so entscheidungsfreudig ist und die benötigten Minuten, um den Zug zu erreichen, bereits verstrichen sind. Aber wer glaubts! Trotz der Wartepause schafft der Bus es, rechtzeitig zur Abfahrt des Zuges am Bahnhof anzukommen. Man beeilt sich und schafft es tatsächlich noch auf den richtigen Gleis zum richtigen Zug. Die Freude wehrt jedoch nur kurz, weil die Deutsche Bahn dem Kunden netterweise keinen Irrtum durchgehen lässt. Da steht man direkt vor dem Zug, und wundert sich, warum dessen Tür nicht mehr zu öffnen ist, aber ein Mann daneben steht und mit dem Arm nach weit vorne winkt. Als der (für Laien durchaus noch angeschlossene) Zugteil weiter vorne nach einer Minute losfährt, versteht man warum.
Und vielleicht schließt sich der Kreis, wenn man einige Zeit zuvor einen Erlaubnistatumstandsirrtum im Zivilrecht gelernt hat. Einzig allein die vielen Hunde namens Hasso, Whisky und Kapser traten in dieser Komödie nicht mehr auf.

seleneos hat gesagt…

Ich schmeiß mich weg! Is nich dein Ernst!? Der ganze Stress nur für ein erneutes un längeres Warten am windigen Bahnhof? Dafür gibts das nächste mal ein Käsebrötchen extra!

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