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21 Januar 2010

Opfer der Telefonitis - Zum Dritten


Es klingelt. Ich geh nicht ran. Es klingelt. Weiter. Und weiter. Mein Telefon nötigt mich, vom Sofa aufzustehen, um nachzusehen, wer mit mir reden will. Gehässig ist es, wie immer. Kenn ich die Nummer nicht, oder drückt sie nicht mindestens äußerste Dringlichkeit aus, geh ich nicht ran. Oder ich steck mir gleich die Innenohrkopfhörer rein und höre weg. Ich kann mein Telefon nicht leiden. Telefone und Handys grundsätzlich nicht. Mit jemandem zu reden, ohne ihn zu sehen, ist komisch. Genau wie Haselnussschokolade, die man nicht schmecken kann. Braucht kein Mensch. Um zu verhindern, dass ich in das tote Plastikding sprechen muss, ruf ich den, der gerade in der Nähe ist, damit der die unangenehme Sache hinter sich bringen und mir abnehmen kann. Das klingt dann ungefähr so:
„Ring!“
„Schatz!“
„Riing!“
„Schaatz?!“
„Ring Ring“
„Schaaaatz??!!“
„RIIIINNNNG“
„SCHAAAATZ!“
So. Und das geht dann solang, bis Schatz entweder die Nerven verliert oder der Anrufer. Aber es klappt nicht immer. Ab und an muss ich auch ans Telefon gehen. Ganz besonders begeistert bin ich dabei, wenn sich Menschen verwählt haben. Und dann nichts sagen. Keinen Ton und einfach sofort auflegen. Prima. Vor allem nachts gegen 23.12 Uhr. Wer ruft da an? Und wer ruft da jemanden an, von dem er anscheinend die Nummer nicht kennt? Die machen, dass ich denke, dass da ein Einbrecher hören will, ob jemand zu Hause ist. Um dann evtl. meine Reichtümer bestehend aus meinen 4 Haustieren und meinem 4 Jahre alten Läppi, zu stehlen. Naja, bin ich mal ehrlich, dann ist das ja meistens nicht der Fall. Und in Wirklichkeit hängt an der anderen Seite der Strippe (Was waren das noch für Zeiten, als es noch gekringelte Strippen a gab?) einfach nur jemand der unfreundlich ist. Nicht mehr und nicht weniger. Mittlerweile hab ich aber eine Möglichkeit, denen das auszutreiben. Geht allein, besser aber zu zweit. Und unterschiedlichen Geschlechts. Wenn jetzt jemand anruft, merkt, das ist nicht die Stimme, die er erwartet hat und dann panisch auflegt, dann passiert in 99 Prozent der Fälle Folgendes: Er ruft nochmal an. Weil der Fehler nicht auf seiner Seite liegen kann: Verwählt? Ich? Niemals! Eher ist auf dem weiten Weg eine Zahl verloren gegangen. Vielleicht die Eins. Die ist so klein, das kann das mal passieren. Aber er landet doch wieder bei mir. Und darauf freu ich mich. Denn jetzt wird der Hörer bei jedem Klingeln zwischen Person eins und zwei hin und her gereicht. So, dass sie sich abwechselnd melden können mit „Abdeckerei schieß mich tot, Sie sprechen mit Herrn Schröder, was kann ich für sie tun?“ oder mit „Hey mein Kleiner, na wie geht’s dir heut?“ Ich weiß, ich bin schon bissl alt für Telefonscherze, aber es bringt was. Denn meistens halten sies nicht lang aus, und fragen dann entweder, ob sie richtig sind, oder hören immerhin auf immer und immer wieder anzurufen.

Titel: Opfer der Telefonitis
Autor: Charles Bukowski

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