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02 März 2010

Dem Täter auf der Spur


Der Tag heut war ja wohl für die Katz. Endlich mal ein Tag frei. Die liegen gebliebenen Akten kann man in Ruhe beim Kaffee auf der Couch bearbeiten. Denkste. Denkste aber auch nur. In Wahrheit kommt alles anders und man sitzt am Ende auf der Polizeiwache mit nichts als einem trockenem Brötchen in der Hand und wartet darauf seinem Ärger Luft zu machen. Der Ärger fängt an mit Telefonen. Wie immer. Denn die machen mir sowieso schon das Leben schwer, weil ich nie weiß, wo sich meines derzeit befindet und ich es eigentlich auch gar nicht wissen will, wäre da nicht ständig der Chef oder die Familie, die was von einem wissen will. Wenn es nur bei den Anrufen bleiben würde. Aber mittlerweile ruft jeder an. Ob ich ihn nun kenne oder nicht. Und will mal smalltalken. Ich spiele daher mit dem Gedanken, mein Telefon zur Adoption freizugeben. Es reicht mir langsam, dass damit jeder der will oder sich grade verwählt hat, in mein Privatleben eindringen kann. Und das Wenigste von diesem Verhalten ist unter Strafe gestellt. Das is ja nicht eine derart schlimme Straftat, wie das Fallenlassen von Kaugummi, wofür man gleich mit 20 € dabei ist. Was ich eigentlich irre witzig finde- 20 € für ein Kaugummipapier, während man selber in der Zeit zig Tonnen CO2 in die Luft bläst. Womit ja wohl eindeutig zum Ausdruck gebracht wird, dass es einem wichtiger ist, dass die Schuhsohlen keine weißen Flecken bekommen. Ob die Lungen aber schwarz werden, ist wurscht. Piepegal. Das sieht ja keiner. Gut, der Pathologe zwar und völlig schockierte Studenten, aber wen interessiert das schon. Um zurückzukommen, heut lag mein Telefon neben mir. Und ich bin rangegangen, obwohl ich es hätte sein lassen sollen. Bei meinem Glück bekomm ich den typischen „Schönen guten Tag, sie haben gewonnen Anruf!“ Jeder weiß, dass das ein Witz ist, aber ich bin starr vor Schreck, weil der Herr am anderen Ende der Leitung nicht nur sofort meinen Namen, Geburtstag und auch die Adresse parat hat, sondern ich auch nicht ansatzweise erahnen kann, wie das möglich ist. Jetzt bräuchte er nur meine Kontodaten.
„Nee nee, mein Freund so geht das nicht. Du glaubst doch nicht ernsthaft ich geb meine Kontodaten her.“
Doch, glaubt er. Und er redet und redet. Staatlich geprüft sei sein Unternehmen. Und sechzigtausend sind ne Stange Geld. Ob ich die denn nicht bräuchte. Und er hat meine Kontodaten ja eigentlich vor sich liegen, nur müsse ich die noch bestätigen.
„Sorry, aber wer schon so kommt, kann ja nur unseriös sein. Also vielen Dank für den Versuch, ich leg jetzt auf.“
Und ich denke, damit dürfte es erledigt sein. Er hat gemerkt, dass sein anscheinend erster Betrugsversuch derbe in die Hose gegangen ist und lässt es darauf beruhen. Hätte er tun sollen. Dann hätte ich den Spaß vergessen. Aber ich täusche mich, glaube ich noch an einen Rest Anstand im Herzen der schlimmen Finger. Denn ich höre: „Na gut, ich weiß ja wo du wohnst, da komm ich wenigstens vorbei und vögel dich mal richtig durch und…“
Ich denke es ist Zeit aufzulegen, und sich auf den Weg zu machen. Ich fühl mich dort angekommen nicht mehr so unsicher, weil ich an einen Herrn gerate, der von der Geschichte und meinem geknickten Auftreten derart entrüstet ist, dass er sich am liebsten ins Auto setzen würde „um dem Typen mal richtig eins aufs Maul zu geben“. Im Vertrauen gesagt. Ja, das würd ich auch gern. Ich weiß, ihr habt teilweise keinen schönen Job, was ich jeden Tag aufs Neue feststelle, wenn ihr auf Arbeit meine Taschen kontrollieren müsst und dann, bei der Tampontasche angekommen, einen beschämt weitergehen lasst. Aber ich bin doch dankbar, dass ihr, wenn es drauf ankommt, die Ruhe in Person seid und davon ein Stückchen abgebt!

PS.: Wer wissen will, welche Nummer da angerufen hat und an welche ihr daher nicht rangehen solltet (bzw. rangehen sollt, wenn ihr Lust habt, mal jemanden zur Schnecke zu machen) ich stehe für Rückfragen jederzeit gern zur Verfügung.

Titel: Dem Täter auf der Spur
Autor: Mark Benecke
Verlag: Bastei Lübbe
Preis: € 7,95


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