Search

Pages

30 Juni 2010

Die Panne


Warum ich mit dir nicht so klarkomme? Hm. Ich weiß nicht, ich mag es nicht, dass du mich manchmal so dastehen lässt, als wär ich der größte Trottel auf der Welt. Wenn ich in der Drogerie stehe, vor den neuen Duschbädern, die es da gerade gibt. Dann geb ich mir extra Mühe. Weil ich mich kenne. Und halt die Packung beim dran Probe schnüffeln dreißig Zentimeter von der Nase weg, damit es nicht wieder in der Selbigen landet, und aussieht wie furchtbar schlimm erkältet. Dennoch. Du lässt mich zu doll zukneifen. Weil ich es nicht erwarten kann. Und da drückt sich so ein richtig dicker Tropfen raus. Der dann voller Freude raus und auf meine Hose springt. Und im Schritt landet. Super. Schön isses, das weiße Duschbad. Da auf der dunklen Jeans. Was tu ich? Rubbeln, was das Zeug hält. Bis der Opa der neben mir steht, mich fragwürdig anschaut. Also muss ich das Duschbad packen, auch wenn ich noch nicht weiß, wie es riecht, zur Kasse laufen, bezahlen, und raus. Echt zu dämlich. Meine Aufmerksamkeitsspanne ist teilweise wirklich recht kurz. Egal, ob ich mir kurz merken will, wie viel das Duschbad gleich gekostet hat, oder ich weiß, dass es wirklich wichtig ist, dass ich jetzt zuhöre. Schlimm ist das bei Namen. Die kann ich mir bei den ersten zehn Mal nicht merken. Weil sich in meinem Kopf immer wieder der gleiche Monolog abspielt: So, jetzt hast du dich zum vierten Mal überwunden und gefragt, wie doch gleich ihr Name war. Also hör jetzt verdammt nochmal zu und präg es dir in dein anscheinend viel zu kleines Gehirn ein, damit du sie nicht morgen wieder so dämlich in der unangenehmen Pause, in der du nach dem Namen suchst, anstarren und ihre rollenden Augen ertragen musst. Das kann doch nicht wahr sein, immer wieder dasselbe mit …. Und bumms, ist es vorbei. Die Gute hat Ihren Namen gesagt und ich habs schlicht und einfach verpasst. Deswegen wünscht man sich mich nicht als Zeugen. Weil ich wohl nicht mehr rausbekommen würde als: „Ähm…naja…nen Mann, normal groß halt…!“ Ich kann so was einfach nicht behalten. Das heißt, behalten sicher schon, wenn ich mal drauf achten würde. Aber dann und wann vergess ich sogar, wie ich selbst aussehe. Lauf ich dann an den verbeulten Rostlauben vorbei, seh ich in den Fensterscheiben zwar jemanden den ich kenne, aber nicht so gut, dass ich auf Nachfrage die Augenfarbe wiedergeben könnte. Die Frau ist eher eine flüchtige Bekannte, die mit mir nichts groß gemein hat. Immerhin lebt sie in Löffeln, Bildschirmen und Klobecken. Das tu ich nicht. Ich häng in der Realität fest. Eben bei dir. Und das nicht Mal gern. Weil, naja, du versaust mir mit Vorliebe die kleinen Freuden des Alltags. Neulich erst hat du sogar mein Eichhörnchen getötet. MEIN Eichhörnchen! Und das nicht auf die sanfte Tour. Seit mir als Kind ein Stoffeichhörnchen (sprich: Ai) in die Wiege gelegt wurde, bin ich derart vernarrt in deren lebendes Ebenbild, dass ich mich ständig freue, wenn ich sie sehe. Und das soll doch bitte schön täglich sein. Also wünsch ichs mir. Und. Tataaaaa- ich habe ein Arbeitseichhörnchen, dass mir täglich am Fenster vorbeispaziert um den Vögeln das Futter zu klauen. Toll. Da denk ich kurzzeitig wirklich gut von dir. Dass du nett bist und anderen auch mal was zukommen lässt. Kaum aber, das unsere Beziehung etwas in die Tiefe geht und ich auch mal bei ihm vorbei schauen dürfte, liegt der Katteker tot vor dem Fensterbrett. Von einer Krähe in viele kleine rote Stücken gehackt. Prima. Jetzt kann ich mir also Flecken angucken. Frag du mich nochmal, warum ich dich nicht leiden kann.

Titel: Die Panne
Autor: Friedrich Dürrenmatt
Verlag: diogenes
Preis: € 6,90

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen