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01 Dezember 2009

Der Schatten des Herrn

Heut ist es soweit. Wir zählen runter. Nur noch 23 Tage. Dann is Weihnachten. Dieses Jahr gibt’s für mich aber keinen Kinderüberraschungseischokoladenkalender. Dafür aber Türchen. Und heute ist aus meinem ein Personenschaden gesprungen. Also hab ich 60 Minuten bekommen. Und die immerhin im Warmen, mit ner Zeitung in der Hand und Melancholie im Ohr. Aber diejenigen, die vor zwei Wochen noch Teelichter angezündet haben, sind die Ersten, die die Frau mit Hut hinter der Glasscheibe anbrüllen. Reklamation, Reklamation! Geld her oder es setzt Hiebe! Das ist sie, die weihnachtliche Nächstenliebe. Man geht sich auf die Nerven und tritt sich auf die Füße. Nicht nur im Gedrängel zwischen Glühweinbuden und Maronenschalen. Prinzipiell scheint alles nicht so zu laufen, wie es sein soll. Die blinkenden Sterne an den offenen Balkontüren scheinen genauso fehl am Platz wie das Bündel Möhren auf dem Schlitten vor der Tür. Machen wir uns nichts draus. Wir verkaufen uns doch sowieso gern Sachen, an die wir nicht mehr glauben. Wenn ich Tetra Pack kaufe, tu ich was Gutes, weil das aus Holz ist? Wenn ich Krombacher trinke, rette ich den Regenwald (aus dem dann wieder Tetra Pack gemacht wird)?Klar, nehm ich euch alles ab. Auch die Tatsache, dass ich, wenn ich mir meinen Einkaufswagen mit Pampers voll werfe, Kindern das Leben rette. Nett von Pampers aus dem Leiden anderer mit vollen Händen Profit zu schlagen. Aber es klappt ja. Ist die beste Zeit. Wenn die Leute einmal im Jahr gewissenserleichternd gesparte Pfennige in Spendendosen stecken, dann bekommt man sie auch genau an dem wunden Punkt zu fassen. Prima berechnend. Und so können wir uns einreden umweltfreundlich Milch zu trinken, obwohl das bisschen Papier sich so in die Chemiebombe verliebt hat, dass es nicht vorhat, sich je wieder davon zu trennen. Und nur so können wir uns freuen, weil wir einen Quadratmeter Wald gerettet haben, während Krombacher seine Einnahmen verdreifacht hat. Mittlerweile hat man sich aber auch dran gewöhnt, ständig an der Nase durch die Welt geführt zu werden. So sehr sogar, dass man sich nicht mehr freuen kann, wenn man gesagt bekommt, dass man gerade zehn Euro zu wenig in Rechnung gestellt hat. Dann starrt man seinen Gegenüber an und bekommt nur ein „Sie sind ja noch ehrlich?!“ über die Lippen. Ja, irre so was.

Titel: Der Schatten des Herrn
Autor: John. F. Case
Verlag: Fischer
Preis: € 8,95


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